Fachartikel: Aktuelle Konzepte zur Therapie des Schilddrüsenkarzinoms

Trotz steigender Zahlen sind Schilddrüsenkarzinome mit einer Inzidenz von etwa 5 Fällen bei Männern und 11 Fällen bei Frauen auf 100.000 Einwohner vergleichsweise selten. Die in den letzten Jahrzehnten beobachte Zunahme, betrifft in erster Linie kleinere papilläre Karzinome und ist daher auch ein Ergebnis besserer diagnostischer Möglichkeiten.

Deutsches Schilddrüsenzentrum, Wissenswertes

Pathologische Diagnose

Voraussetzung für die richtige Behandlung ist eine exakte pathologische Diagnose. Das ist an der Schilddrüse mitunter sehr kompliziert und beginnt schon beim Herausfiltern der seltenen Karzinome aus der Vielzahl der meist zufällig entdeckten harmlosen Schilddrüsenknoten, deren statistisches Malignitätsrisiko im Promillebereich liegt. Auch die Punktionszytologie erbringt nur vergleichsweise selten eine eindeutige Krebsdiagnose und unterliegt bei den häufigen follikulären Proliferationen einer hohen Interobservervariabilität (5). Eine definitive histologische Diagnose ist daher häufig nur durch die operative Entfernung suspekter Knoten mit nachfolgender pathologischer Befundung möglich. Das erklärt auch die große Zahl primär diagnostischer Schilddrüsenoperationen. Etwa 25 % aller Schilddrüsenoperationen werden hauptsächlich zur definitiven histologischen Klärung suspekter Knoten durchgeführt, die Rate bestätigter Krebsdiagnosen liegt nur bei etwa 15 % (1). Ob neuere molekularbiologische oder andere Untersuchungsmethoden zu einer Senkung der immer wieder kritisierten hohen Rate an negativen diagnostischen Operationen beitragen, erscheint möglich, bleibt aber abzuwarten. Die Schwierigkeiten der exakten pathologischen Diagnose setzen sich zum Teil auch am adäquat entfernten Schilddrüsenpräparat fort. Das betrifft bei den häufigen follikulären Neoplasien sowohl den intraoperativen Schnellschnitt als auch die definitive pathologische Aufarbeitung. Hinzu kommt, dass es bei der Internationalen Klassifikation der Tumoren der UICC in der letzten Auflage zu einigen Änderungen gekommen ist, die zum Teil kontrovers diskutiert werden (3,9,).

Aktuelle Klassifikation der Schilddrüsenkarzinome nach WHO 2017

  • Karzinome mit Follikelzell-Differenzierung ICD-0
    • Gut differenzierte Karzinome (DTC)
      • Papilläres Karzinom (PTC) 8260/3
        • Konventioneller Typ 8260/3
        • Insgesamt 14 weitere Varianten, z. B.:
        • Papilläres Mikrokarzinom 8341/3
        • Gekapselte Variante 8343/3
        • Follikuläre Variante 8340/3
      • Follikuläres Karzinom (FTC) 8330/3
        • Minimal invasiv (ausschließlich Kapseldurchbruch) 8335/3
        • Gekapselt angionvasiv 8339/3
        • Breit invasiv 8330/3
      • Onkozytäres Karzinom (Hürthle-Zellkarzinom, HCC) 8290/3
        • Minimal invasiv (ausschließlich Kapseldurchbruch)
        • Gekapselt angionvasiv
        • Breit invasiv
      • Differenziertes Karzinom (NOS)
    • Gering differenziertes Karzinom (PDTC) 8337/3
    • Anaplastisches Karzinom (ATC) 8020/3
  • Karzinome mit C-Zell-Differenzierung
    • Medulläres Karzinom (MTC) 8345/3
      • Sporadisches MTC
      • Hereditäres MTC bei MEN 2
    • Gemischt medulläres und follikuläres Karzinom (MMFTC) 8346/3
  • Seltene Karzinome
    • Z. B.: Plattenepithel, Spindelzell etc. 

Neuerdings wird z. B. die follikuläre, nicht kapselüberschreitende Variante des papillären Schilddrüsenkarzinoms nicht mehr als Malignom eingestuft. Auch die TNM-Kategorisierung und die damit verbundene Risikostratifizierung wurden in einigen Punkten modifiziert, sodass sich in vielen Fällen ein Down-Staging ergibt. Dies betrifft vor allem die differenzierten Karzinome und beinhaltet z. B. bei papillären Karzinomen die Erhöhung der Altersgrenze für die Stadieneinteilung um 10 Jahre, die Herunterstufung des minimal-extrathyreoidalen Wachstums aus der pT3-Kategorie in die pT1- (Tumor bis 2 cm) bzw. pT2 Kategorie (Tumor > 2 – 4 cm), oder die Herabstufung des Lymphknotenbefall pN1 aus dem Stadium III in das Stadium I (Patientenalter < 55 Jahre) bzw. Stadium II (Patientenalter > 55 Jahre).

Papilläre Schilddrüsenkarzinome (PTC)

Sie sind die häufigsten Schilddrüsenkarzinome, neigen relativ frühzeitig zur lymphogenen Metastasierung, haben aber auch wegen Ihrer Jodaffinität eine insgesamt exzellente Prognose. Dies gilt insbesondere für sogenannte okkulte Mikrokarzinome mit einem Tumordurchmesser von weniger als 10 mm (PTC < 10 mm). In den meisten Fällen kann ein PTC relativ zuverlässig in der Punktionszytologie oder im intraoperativen Schnellschnitt erkannt werden. Bei punktionszytologischem Nachweis eines PTC wird derzeit vor allem in einigen asiatischen Ländern diskutiert (10), ob angesichts der insgesamt exzellenten Prognose und der meist geringen Aggressivität in bestimmten Fällen auf eine primäre operative Therapie verzichtet und stattdessen zunächst eine Verlaufsbeobachtung (active surveillance) erfolgen sollte. Das mag in Einzelfällen, z. B. bei geriatrischen Patienten eine durchaus sinnvolle Option sein, nach den deutschen Leitlinien und auch denen der meisten anderen Länder besteht die Therapie der Wahl in der kompletten operativen Entfernung des Tumors, einschließlich eventueller Absiedlungen (2,7).

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Kleines papilläres Karzinom (weißlich) mit weiteren kleinen Absiedlungen in einem normal großen Schilddrüsenlappen.

Hinsichtlich der operativen Strategien Jahren hat es in der Chirurgie in den letzten Jahren einen Paradigmenwechsel hin zu einem differenzierten und risikoadaptierten Vorgehen gegeben. Bei suspekten Knoten erfolgt zunächst eine Hemithyreoidektomie der tumortragenden Seite mit einer intraoperativen pathologischen Schnellschnittuntersuchung. Nach den aktuellen deutschen Leitlinien wird ein nicht-organüberschreitendes, nicht metastasiertes und lokal komplett entferntes PTC <10 mm dadurch ausreichend radikal behandelt. Allerdings wird zu Recht betont, dass die 10 mm keine feste Grenze darstellen und somit Behandlungskorridore unter Einbeziehung pathologischer und patientenbedingter Gesichtspunkte bestehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch PTC < 10 mm multifokal auftreten können und das Risiko einer Lymphknotenmetastasierung bei bestimmten pathologischen Varianten bereits ab einer Tumorgröße von 5 mm steigt (5). Im eigenen Krankengut haben wir festgestellt, dass bei PTC < 10 mm, die im Rahmen dieser Korridore radikal operiert wurden, bei etwa jeder 3. Operation weitere intrathyreoidale Karzinomherde oder Lymphknotenmetastasen entfernt wurden. Es ist derzeit unklar, welche Relevanz diese Beobachtung hat, da ja in den Fällen mit Verzicht auf eine komplette Thyreoidektomie auch keine Radiojodtherapie erfolgt. Bei PTC > 10 mm gilt die komplette Thyreoidektomie als Standardverfahren. Wenn die Thyreoidektomie nicht schon bei der Primäroperation erfolgte, sollte bei erst postoperativer Krebsdiagnose so rasch wie möglich eine Komplettierungsthyreoidektomie erfolgen. Wegen Verwachsungen ist das Komplikationsrisiko einer solchen Operation in der Phase zwischen dem 4. postoperativen Tag bis zum 3. Monat erhöht. Unter der Voraussetzung, dass der Tumor bei der Erstoperation lokal komplett entfernt wurde, kann für die Komplettierungs-Thyreoidektomie die aktive Vernarbungsphase abgewartet und zur Senkung des OP-Risikos erst nach 3 Monaten operiert werden. Zusätzlich zur Thyreoidektomie sollten alle erkennbaren Lymphknotenmetastasen entfernt werden. Heutzutage erfolgt die Lymphadenektomie beim Schilddrüsenkarzinom nicht als klassische oder funktionelle Neck-Dissection, sondern Kompartment-orientiert (2). Im deutschsprachigen Raum hat sich dafür eine Einteilung in 4 Kompartimente durchgesetzt (1 = zervikozentral, 2 = zervikolateral rechts, 3 = zervikolateral links, 4 = oberes infrabrachiocephales Mediastinum).

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Schilddrüsenkarzinom im linken Schilddrüsenlappen mit umgebenden Lymphknoten im zentralen Kompartiment.
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Postoperativer Zustand nach kompletter Schilddrüsenentfernung und Lymphknotenausräumung mit erhaltenen Nebenschilddrüsen (braun) und Stimmbandnerven (gelb).

Bei fehlendem Hinweis auf Lymphknotenmetastasen ist der prognostische Wert einer prophylaktischen Lymphadenektomie beim PTC nicht eindeutig gesichert, zumal ja mit einer Radiojodtherapie noch eine weitere Therapieoption zur Verfügung steht. Eine zervikale Lymphadenektomie ist ein technisch anspruchsvoller Eingriff mit einem relevanten Risiko für Recurrensparesen und permanenten Hypoparathyreoidismus. Das Komplikationsrisiko hängt wesentlich von der Qualität und Erfahrung des Chirurgen ab. Daher wird in den aktuellen Leitlinien eine prophylaktische Lymphadenektomie beim PTC > 10 mm nur unter der Voraussetzung einer „entsprechenden chirurgischen Expertise“ und nur bei einzeitiger Operation empfohlen (2). Sinnvollerweise werden auch hier Behandlungskorridore und Ermessensspielräume unter Berücksichtigung verschiedener patientenbedingter, pathologischer oder molekularbiologischer Faktoren eingeräumt.

Durch die postoperative Radiojodtherapie sollen verbliebene Schilddrüsenreste eliminiert, mögliche weitere Tumorabsiedlungen entdeckt und beseitigt, Rezidiv- und Überlebensraten verbessert und die Nachsorge vereinfacht werden. In den deutschen Leitlinien wird bei PTC > 10 mm nach einer kompletten Thyreoidektomie eine ablative Radiojodtherapie empfohlen (4), bei komplett entfernten PTC < 10 mm wird eine routinemäßige Radiojodtherapie für nicht erforderlich gehalten. Unter der Voraussetzung, dass bei solchen Tumoren eine totale oder fast-totale Thyreoidektomie erfolgte, können minimale Organkapselinfiltration, Multifokalität oder bestimmte histologische Subtypen Argumente für eine Radiojodtherapie sein. Eine ablative Radiojodtherapie erfordert TSH-Spiegel von > 30 mU/l. Dieser kann durch endogene Stimulation, durch den Verzicht auf Thyroxinersatz nach einer totalen Thyreoidektomie oder durch exogene Stimulation mit rekombinantem humanen TSH erreicht werden. Die komplette postoperative Ablation sollte bereits durch eine einmalige Radiojodtherapie erreicht werden.

Nach erfolgreicher Ablation steht mit dem Thyreoglobulin-Spiegel i.S. ein sehr sensitiver Parameter für die Nachsorge und Rezidivdiagnostik zur Verfügung. Der medikamentöse Hormonersatz ebenso wie die Nachsorgeintensität erfolgen risiko-adaptiert. Zur Risiko-Klassifikation gibt es von verschiedenen Fachgesellschaften Vorschläge (4,5,7), die nicht in allen Punkten identisch sind und bei denen auch noch nicht die Änderungen der neuen internationalen Tumorklassifikation berücksichtigt wurden. Neben dem primären TNM-Staging sollten für eine individualisierte Einstufung auch andere tumor- und patientenbedingte Faktoren wie z. B. histologische und molekularbiologische Varianten, Ansprechen auf die Radiojodtherapie oder der posttherapeutische Thyreoglobulinspiegel berücksichtigt werden. Eine TSH-suppressive Thyroxintherapie (TSH < 0,1 mU/l) erfolgt im Allgemeinen nur noch bei High-Risk-Patienten (z. B. pT4, M1) und solchen mit persistierender Erkrankung (z. B. R2). Bei Patienten der Low- oder Intermediate-Risk-Gruppe ohne Hinweis auf eine persistierende Erkrankung wird eine medikamentöse Thyroxin-Einstellung mit in einem niedrig normalen oder nur leicht erniedrigten TSH-Bereich für ausreichend erachtet, bei Patienten mit Very-Low-Risk Tumoren (z. B. pT1a, cN0, cM0) erfolgt die Thyroxin-Einstellung wie bei einer gutartigen Erkrankung (5).

Kommt es im Verlauf zu einem Rezidiv oder einer Metastasenbildung, sind im Einzelfall die Optionen einer erneuten Operation, einer erneuten Radiojodtherapie, einer perkutanen Strahlentherapie oder einer systemischen Therapie mit z. B. Tyrosinkinase-Inhibitoren zu überprüfen. Häufig kann Betroffenen auch mit mehrfachen chirurgischen Rezidiveingriffen ein mehrjähriges Überleben bei meist guter Lebensqualität ermöglicht werden.

Follikuläre Schilddrüsenkarzinome (FTC)

Das follikuläre Schilddrüsenkarzinom gehört ebenfalls zu den jodaffinen Karzinomen und neigt eher zur hämatogenen als zur lymphogenen Metastasierung. Die exakte pathologische Beurteilung ist besonders schwierig, da mikroskopische Details (Kapseldurchbruch, Blutgefäßinvasion) über die Krebsdiagnose und die weitere Therapie entscheiden. Standard ist die komplette chirurgische Entfernung des Tumors, der bei der OP-Indikation „suspekter Knoten“ leitliniengerecht durch eine Hemithyreoidektomie erfolgt. Bei der minimalinvasiven Variante (MIFTC, keine Angioinavsion) wird eine Hemithyreoidektomie als alleinige Therapie als ausreichend radikal erachtet, bei der breit-invasiven-Varianten (WIFTC, breite Kapselinvasion, Blutgefäßeinbrüche) wird eine komplette Thyreoidektomie mit nachfolgender Radiojodtherapie angestrebt (2). Da die Langzeitprognose in erster Linie durch Fernmetastasen und weniger durch loco-regionäre Lymphknotenmetastasen beeinflusst wird, ist eine prophylaktische Lymphadenektomie kein obligater Bestandteil der chirurgischen Primärtherapie. Indikationen zur nachfolgenden Radiojodtherapie bestehen im Allgemeinen nach totaler oder fast-totaler Thyreoidektomie breit-invasiver Karzinome jeglicher Größe. Die Grundzüge der Radiojodtherapie, der Nachsorge und dem Vorgehen beim Rezidiv oder der Metastasenbildung entsprechen im Wesentlichen den Prinzipien bei papillären Karzinomen.

Onkozytäre Schilddrüsenkarzinome (OTC)

Früher als Subtyp zu den follikulären Schilddrüsenkarzinomen gezählt, wird das onkozytäre Karzinom (Synonym Hürthle-Zell-Karzinom, oxyphiles Karzinom) nach der aktuellen UICC-Klassifikation als eigenständige Variante differenzierter, meist follikulärer und seltener papillärer Karzinome geführt. Im Vergleich zu PTC und FTC weisen sie eine aggressivere Tumorbiologie mit einer erhöhten Rate an Lymphknoten- und Fernmetastasen sowie einer verminderten Radiojodaufnahmefähigkeit aus. Das primäre Therapiekonzept besteht in einer totalen Thyreoidektomie mit einer gleichzeitigen Lymphadenektomie sowie einer nachfolgenden ablativen Radiojodtherapie. Nach deutschen Leitlinien sollte bei verzögerter und erst postoperativer Diagnose eine eventuelle zweizeitige Lymphadenektomie nur bei erhöhtem Thyreoglobulin-Spiegel oder bei klinischen oder bildgebenden Verdacht auf Lymphknotenmetastasen erfolgen (2). Die weiteren Therapieprinzipien sind denen der differenzierten Schilddrüsenkarzinome vergleichbar.

Gering differenzierte Karzinome

Seit 2004 werden gering differenzierte Karzinome (poorly differenciated thyroid carcinoma, PDTC) als eigenständige Entität definiert, die prognostisch zwischen differenzierten und undifferenzierten Karzinomen steht. Ein Teil der Tumoren ist jodaffin, bei etwa 20 % fehlt die Radiojodaufnahme komplett. Bei resektablen PDTC solle eine radikale Tumorresektion mit einer befallsorientierten Lymphknotendissektion angestrebt und die Möglichkeiten einer zusätzlichen Radiojodtherapie ausgeschöpft werden.

Undifferenzierte anaplastische Karzinome (UTC)

Anaplastische Karzinome sind selten und zeichnen sich durch aggressives Wachstum und eine schlechte Prognose aus. Wenn immer sinnvoll möglich, ist eine radikale Resektion unter lokal kurativer Indikation mit einer zeitnahen Strahlentherapie anzustreben. Bei Diagnosestellung besteht aber häufig bereits lokale Inoperabilität. Dann sollte eine palliative Resektion im Sinne eines Debulking vermieden werden und stattdessen eine primäre Radio-Chemotherapie erfolgen.

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Patientin mit einem sichtbaren anaplastischen Schilddrüsenkarzinom

Medulläre Karzinome (MTC)

Medulläre Karzinome (MTC) entstehen aus den Calcitonin- und andere Substanzen (z. B. CEA) produzierenden C-Zellen. Sie nehmen kein Radiojod auf. Bei etwa 25–30 % der MTC liegt eine familiäre Häufung mit vererbbaren Keimbahnmutationen vor. Diese Tumoren treten auch im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie (MEN-Syndrom) auf. Klinisch nutzbare Tumormarker sind Calcitonin- und CEA-Spiegel im Serum. Zur Differenzierung zwischen gutartiger nodulärer C-Zell-Hyperplasie und C-Zell-Karzinom wird bei gering erhöhtem Calcitonin-Wert in den Leitlinien ein Pentagastrin- oder Calcium-Stimulationstest empfohlen. Pentagastrin ist allerdings nicht mehr verfügbar. Der Cut-off des Stimulations-Testes für eine biochemische OP-Indikation ist nicht eindeutig definiert. Nach chirurgischen Leitlinien (2) besteht eine eindeutige OP-Indikation bei einem stimulierten Calcitonin-Wert von über 100 pg/ml (Referenzbereich < 10 pg/ml). Andere Autoren empfehlen eine operative Klärung schon bei basalen Werten ab etwa 30 pg/ml bei Frauen und etwa 60 pg/ml bei Männern (6), wobei in Abhängigkeit von den konkreten Befunden und dem Verlauf auch hier entsprechende Grauzonen und Korridore bestehen. Operativ wird eine komplette Thyreoidektomie mit einer befallsorientierten Lymphadenektomie angestrebt. Lediglich bei asymptomatischen Genträgern mit basal normalen Calcitonin-Spiegeln sollte auf eine Lymphadenektomie verzichtet werden. Eine postoperative Radiojodtherapie ist nicht indiziert. Wichtigster Parameter zur Verlaufskontrolle, insbesondere bei präoperativ erhöhten Werten, ist die Calcitonin-Bestimmung. Bei biochemischen oder radiologischen Hinweisen auf ein loco-regionäres Rezidiv oder eine Fernmetastasierung muss das weitere Vorgehen vom Einzelfall abhängig gemacht werden.

Andere Tumoren oder Metastasen kommen vor, sind aber selten. Die Therapie richtet sich nach dem Grundleiden und den Gegebenheiten des Einzelfalles und sollte von Fall zu Fall im interdisziplinären Expertenkonzil entschieden werden.

Fazit

Die Behandlung der Schilddrüsenkarzinome erfordert viel Spezialwissen, erfolgt in der Regel interdisziplinär und wird in weiten Teilen durch umfangreiche Leitlinien verschiedener Fachdisziplinen vorgegeben. Da einige relevante Fragen noch nicht abschließend geklärt sind, verbleiben Ermessensspielräume und Entscheidungskorridore.

Literatur

  1. Bartsch, D.K, Luster, M., Buhr, H.J. et al. Operationsindikation bei der benignen Struma des Erwachsenen. Dtsch Ärztebl. Int. 2918; 115:1-7
  2. CAEK: Operative Therapie maligner Schilddrüsenerkrankungen. Im Internet: https://www.dgav.de/fileadmin/media/texte_pdf/caek/Leitlinie_Maligne_Schilddruesenerkrankungen_ Operative_Therapie_2012-11.pdf. Stand: 9.11.2012
  3. DeLellis, R.A., Lloyd, R.V., Heitz, P.U. et al. (Eds.) WHO Classification of Tumours of Endocrine Organs. Lyon: IARC; 2017:65-143
  4. Dietlein M., Eschner W., Grünwald, F. M. et al. Radiojodtherapie beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom. Im Internet: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/031-002l_S1_Radioiodtherapie_beim differenziertes_Schilddrüsenkarziom_2015. Stand: 1.10.2015
  5. Dietlein M., Luster, M., Reiners C. Differenziertes Schilddrüsenkarzinom: Behandlunsgskorridore und interdisziplinäre Konzepte. Thieme Refresher Onkologie 2013; 5 1-32
  6. Frank-Raue, K., Raue.F. Diagnostik und Therapie des medullären Schilddrüsenkarzinoms. Kalzitonin-Screening und risiko-adaptierte Nachsorge. In: Goretzki, P. (Hrsg.) Schilddrüse 2017. Berlin: Lehmanns; 2018:163-171
  7. Haugen B.R., Alexander E.K., Bible. K.C. et al. 2015 American Thyroid Association Management Guidelines for Adult patients with Thyroid Nodules and Differentiated Thyroid Cancer. Thyroid 2016; 26: 1 -133
  8. Paschke,R., Lincke,T., Müller, S.P. et al. Therapie des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms. Dtsch. Ärztebl Int 2015; 112:452-458
  9. Schmid K.W. Neue Befunde und Definitionen in der Pathologie. Die neue WHO-Klassifikation der Schilddrüsentumoren – was ändert sich? In: Goretzki, P. (Hrsg.) Schilddrüse 2017. Berlin: Lehmanns; 2018:109-123
  10. Takami,H., Ito, Y., Okamoto, T. et al. Revisting the guidelines issued by the Japan Association of Endocrine Surgeons. World J Surg 2014; 38:2002 – 2012
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