Startseite Aktuelles Fachartikel: Wichtige Schilddrüsenwerte für die Ernährungsberatung
Die Schilddrüse steuert über ihre Hormone fast alle körperlichen, geistigen und psychischen Funktionen. Neben den Schilddrüsenhormonen im engeren Sinne (Thyroxin, Trijodthyronin) wird in den medullären Zellen der Schilddrüse auch noch das Hormon Calcitonin produziert. Dieses fungiert als Gegenspieler zu dem in den Nebenschilddrüsen produzierten Parathormon, reguliert vor allem den Calcium- und Phospathaushalt und spielt für die Ernährungsberatung eine insgesamt untergeordnete Bedeutung. Dagegen sind die eigentlichen Schilddrüsenhormone für die Ernährungsberatung von großer Bedeutung. Denn einerseits benötigt die Schilddrüse wichtige Substanzen und Spurenelemente für eine reibungslose Funktion, und andererseits haben Fehlfunktionen der Schilddrüse einen großen Einfluss auf den Stoffwechsel und die Ernährung.
Die im klinischen Setting wichtigsten Laborparameter zur Beurteilung der Schilddrüse sind:
Unter dem Begriff Schilddrüsenhormone werden in der Regel vor allem die zwei wichtigsten Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) zusammengefasst. Beide unterscheiden sich in ihrem Jodanteil, das Thyroxin besitzt vier Jodatome (T4), das Trijodthyronin entsprechend nur drei (T3). T4 ist mit einer Halbwertszeit von etwa 190 Stunden viel langlebiger als das T3, mit nur etwa 19 Stunden, T3 hat dafür aber eine etwa 5-mal so starke biologische Wirksamkeit auf die Zielorgane als das T4. Daher bezeichnet man T4 auch als „Speicherform“ oder „Prohormon“ und T3 als „Arbeitsform“ der Schilddrüsenhormone.
Die Produktion von Schilddrüsenhormonen ist ein aufwendiger Prozess. Aus der Aminosäure Thyronin werden in den Schilddrüsenzellen unter Beteiligung des Enzyms Peroxidase durch den Einbau von Jodatomen schrittweise Mono-, Di- und Trijojodthyronin und schließlich Thyroxin hergestellt. Eine gesunde Schilddrüse produziert pro Tag etwa 100 Mikrogramm T4 und nur etwa 10 Mikrogramm T3. Diese Hormone werden von der Schilddrüse ins Blut abgegeben. Im Blut wird der überwiegende Teil von T4 und T3 an spezielle Eiweiße gebunden (Thyroxinbindendes Protein, TG). Diese dienen als Transportmittel zu den entsprechenden Organen. Nur ein geringer Anteil liegt als ungebundenes Hormon vor und wird dann als freies T3 (fT3) und freies T4 (fT4) bezeichnet. Nur die freien Hormone werden in die Körperzellen aufgenommen und entfalten dort ihre Wirkung. Im Körper kann durch Abspaltung eines Jodatoms aus dem T4 das schneller und stärker wirksamere T3 hergestellt werden (Konversion). Etwa 80 % des im Blut befindlichen T3 wird durch Konversion aus T4 gewonnen, umgekehrt nur etwa 20 % in der Schilddrüse produziert. In der klinischen Praxis sind in erster Linie die Werte des freien T4 und T3 relevant, so dass primär diese Parameter und nicht sofort die Werte der jeweiligen Gesamtmenge (TT4 und TT3) bestimmt werden. Die Normwerte haben eine Altersabhängigkeit.
Schilddrüsenhormone beeinflussen die Funktionstüchtigkeit praktisch aller Organsysteme. Sie wirken vor allem auf:
Schilddrüsenhormone funktionieren im Prinzip wie Energielieferanten für die Zielgewebe. Vereinfacht ausgedrückt sind sie das „Gaspedal“ und der Regulationskreis der „Drehzahlmesser“ des Körpers. Bei einem Zuviel an Hormonen (Hyperthyreose) laufen Körper und Seele „übertourig“, bei einem Zuwenig an Hormonen (Hypothyreose) entsprechend „untertourig“. Daraus können die Symptome und Folgen einer hormonellen Fehlfunktion relativ leicht abgeleitet werden. Für die Ernährungsberatung ist es wichtig, dass hyperthyreote Patienten einen beschleunigten Stoffwechsel und Energieverbrauch haben, mehr Kalorien benötigen, daher häufig ein starkes Hungergefühl haben, zu Durchfällen neigen und ungewollt an Gewicht verlieren. Bei einer Hypothyreose ist es genau umgekehrt: Die Patienten haben einen gedrosselten Stoffwechsel, einen geringeren Energieverbrauch, leiden unter Obstipation und neigen zur Gewichtszunahme.
Im Blut des Patienten werden üblicherweise zunächst nur die freien Hormone, also fT4 und fT3 bestimmt. Sind die Spiegel erhöht, besteht eine manifeste Überfunktion (Hyperthyreose), sind die Werte erniedrigt, entsprechend eine manifeste Unterfunktion (Hypothyreose). Meistens sind beide Parameter gleichsinnig verändert, es gibt aber auch Situationen, in denen nur ein Parameter erhöht oder erniedrigt ist. Bei normwertigen fT4-Werten und erniedrigten fT3-Werten bezeichnet man das als isolierte T3-Hypothyreose, was z. B. ein Hinweis auf eine periphere Konversationsstörung, also einer gestörten Umwandlung von T4 in T3, sein kann.
TSH steht für Thyroid Stimulating Hormon. Dieses wird in der Hirnanhangsdrüse gebildet und stimuliert die Schilddrüse. Mithilfe von Rezeptoren werden ständig die Blutspiegel der peripheren Schilddrüsenhormone gemessen. Bei einem Mangel an Schilddrüsenhormonen im Blut (Hypothyreose) wird unter Einbindung des Hypothalamus regulativ von der Hirnanhangsdrüse vermehrt TSH ausgeschüttet, bei einem Zuviel an Schilddrüsenhormonen (Hyperthyreose) entsprechend weniger. Normwertveränderungen der TSH-Konzentration sind daher ein früher Indikator für eine Schilddrüsenfehlfunktion. Bei einer sogenannten latenten (subklinischen) Hyper- bzw. Hypothyreose ist der TSH-Spiegel im Blut bereits pathologisch verändert, während die Blutwerte für fT4und fT3 (noch) normal sind. Je nach konkret verwendeter Laboranalyse können die Normwerte ein wenig schwanken. Meist liegen sie in einem Bereich von etwa 0.40 bis 4,00 mIU/l. Ab einem Wert von < 0.40 mIU/l sprechen Kliniker von einem erniedrigten TSH-Wert als Hinweis auf eine latente Hyperthyreose, ab einem Wert von < 0.01 mIU/l von einem supprimiertem TSH-Wert als möglichen Hinweis auf eine manifeste Hyperthyreose. Umgekehrt wird ab einem TSH-Wert von 4,00 mIU/l eine Hypothyreose diagnostiziert, wobei nur aufgrund des TSH-Wertes grundsätzlich nicht zwischen einer latenten und einer manifesten Fehlfunktion unterscheiden kann. Dazu müssen die peripheren Hormone fT4 und fT3 bestimmt werden.
Bei der Interpretation der TSH-Werte sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen: Neben geringen Schwankungen, die auf die konkret eingesetzte Laboranalyseverfahren zurückzuführen sind, können Normalwerte auch in Abhängigkeit von Lebensalter und Lebensumständen variieren. In Phasen, in denen der Körper viel Energie benötigt, steigt in der Regel der TSH-Spiegel. Aber auch mit zunehmendem Alter kommt es regelhaft zu einem Anstieg. Dann können z. B. bei asymptomatischen über 60-jährigen Patienten auch schon mal TSH-Werte bis zu 10 mIU/l toleriert werden.
Die TSH-Ausschüttung hat zudem eine individuell unterschiedlich stark ausgeprägte zirkadiane Rhythmik mit einem Maximum in den frühen Morgenstunden und einem Minimum in den Nachmittagsstunden, sodass die Werte auch in Abhängigkeit vom Abnahmezeitpunkt ohne Krankheitswert schwanken können.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Reaktionszeit des TSH auf die im Blut gemessene Hormonkonzentration relativ lang ist und in einer Größenordnung von etwa 4 – 6 Wochen liegt. Das bedeutet z. B. bei der medikamentösen Therapie der Hypothyreose, dass ein trotz exzellenter Hormonsubstitution noch erhöhter TSH-Spiegel kein Ausdruck einer fortbestehenden Hypothyreose, sondern der verzögerten Latenz des TSH ist, und es somit ist falsch wäre, die Hormondosis wegen des noch zu hohen TSH-Spiegels weiter zu erhöhen.
Schilddrüsenantikörper sind vom Körper fehlerhaft produzierte Antikörper gegen bestimmte Strukturen in der Schilddrüse. Verschiedene Antikörper können verschiedene Schilddrüsenerkrankungen auslösen, die dann als Autoimmunthyreopathien bezeichnet werden. Für den Morbus Basedow ist vor allem der TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK) und für die Hashimoto-Thyreoiditis der Thyreoperoxidase-Antikörper (TPO-AK) typisch. Es gibt aber auch Überschneidungen und Mischformen, und es gibt Menschen, bei denen zwar Schilddrüsenantikörper im Blut nachweisbar sind, bei denen aber keine Schilddrüsenerkrankung feststellbar ist. Daher muss bei der Bewertung der Einzelwerte immer auch die gesamte Befundkonstellation berücksichtigt werden.
Antikörper gegen das Schilddrüsenenzym Thyreoperoxidase werden mit TPO-AK, anti-TPOAk oder TAK abgekürzt. Die Thyreoperoxidase befindet sich in den follikulären Schilddrüsenzellen und ist an der Synthese der Schilddrüsenhormone beteiligt ist. Die konkreten Ursachen für die Fehlproduktion diese Antikörper sind bislang unklar. Psycho-sozialer Stress, andere Autoimmunerkrankungen oder exzessive Jodaufnahme gelten als Risikofaktoren. Der Normalwert variiert je nach konkreter Bestimmungsmethode und liegt bei Immunassays bei < 34 IUL/ml. TPO-AK können an der Schilddrüse verschiedene Erkrankungen hervorrufen. Erhöhte TPO-AK gelten als charakteristisch für eine Hashimoto-Thyreoiditis, sie werden aber auch bei 60 – 70 % der Basedow-Patienten und sogar bei etwa 5 % der Menschen ohne eine bekannte Schilddrüsenerkrankung gefunden. TPO-AK sind daher ein wichtiger Puzzlestein der Schilddrüsendiagnostik, der Wert allein ist für eine bestimmte Diagnose noch nicht beweisend.
TRAK ist die Abkürzung von TSH-Rezeptor-Anti-Körper. TSH-Rezeptoren befinden sich in der Wand der Schilddrüsenzellen und sind quasi die Andock-Station für das Hormon TSH (Thyroidea stimulierendes Hormon). TSH wird in der Hirnanhangsdrüse produziert und stimuliert die Produktion der Schilddrüsenhormone. TSH-Rezeptor-Antikörper sind aus bislang ungeklärter Ursache vom Körper produzierte Antikörper gegen diese TSH-Rezeptoren. Sie besetzen und stimulieren die TSH-Rezeptoren, sodass zu viel Schilddrüsenhormone gebildet werden und es zu einer Schilddrüsenüberfunktion kommt (Immunhyperthyreose). Die TRAK-Werte im Blut können in 3 Gruppen unterteilt werden: negativ < 1,0 mU/l, grenzwertig 1,0 – 1,75 mU/l und positiv > 1,75 mU/l). Eine deutliche Erhöhung ist charakteristisch für den M. Basedow. Sie kommen in geringerem Maße auch bei der Hashimoto-Thyreoiditis und bei klinisch gesunden Patienten vor. Erhöhte TRAK-Werte sind nicht nur wichtig für die Erstdiagnose eines M. Basedow, sie sind auch für die Prognoseabschätzung und Verlaufskontrolle hilfreich.
Thyreoglobulin (Tg) ist ein komplexes Eiweißmolekül, das sich in den Schilddrüsenzellen befindet und das ganz wesentlich an der Bildung und Freisetzung der Schilddrüsenhormone beteiligt ist. Normalerweise befindet sich nur wenig Tg in der Blutbahn. Bei Autoimmunerkrankungen wie der Hashimoto-Thyreoiditis oder dem M. Basedow, bei Entzündungen sowie bei gut- und bösartigen Tumoren kann Tg vermehrt aus der Schilddrüse austreten und zu einer Erhöhung der Tg-Spiegel im Blut führen. Für die Primärdiagnostik verschiedener Schilddrüsenerkrankungen haben erhöhte Tg-Spiegel allerdings keine Beweiskraft. Anders ist das bei der Krebsnachsorge differenzierter Schilddrüsenkarzinome, wenn bei der Primärtherapie alles Schilddrüsengewebe durch Operation und Radiojod eliminiert wurde. Relevante und ansteigende Tg-Spiegel im Blut beweisen dann das Vorhandensein von Schilddrüsengewebe und sind hochgradig verdächtig auf ein Tumorrezidiv. Thyreoglobulin-Antikörper (Tg-AK) richten sich gegen Thyreoglobulin und können im Blut bestimmt werden. Der Normalwert schwankt je nach konkreter Analysemethode und liegt bei modernen Immunassays bei < 100 IU/ml. Eine krankhafte Erhöhung findet sich bei Autoimmunerkrankungen wie der Hashimoto-Thyreoiditis (ca. 60 – 80 % der Patienten), beim M. Basedow (ca. 10 – 30 % der Patienten), bei Schilddrüsenkrebsen und in geringer Konzentration auch bei Gesunden und extrathyreoidalen Erkrankungen. Sie sind also nicht besonders spezifisch. Wichtig ist, dass Tg-AK können zu einer Erniedrigung der Blutspiegel von Thyreoglobulin führen und den Aussagewert dieser Spiegel in der Krebsnachsorge reduzieren können. Aus diesem Grunde liegt die klinische Bedeutung der Tg-AK vor allem bei Thyreoglobulin-Kontrollen im Rahmen der Krebsnachsorge differenzierter Karzinome.
Jod ist ein unverzichtbarer Baustein von Schilddrüsenhormonen. Für eine ausreichende Jodversorgung müssen täglich etwa 150 bis 200 Mikrogramm Jod mit der Nahrung aufgenommen werden. Das meiste Jod im menschlichen Körper befindet sich in der Schilddrüse und kann dort nicht direkt gemessen werden. Alternativ kann der Jodspiegel im Blut (Normwert Blut: 40 – 80 µg/l) und im Urin bestimmt werden (Normwert Urin: 100 – 200 µg/l).
Das Spurenelement Selen wird für die Produktion von Schilddrüsenhormonen und deren Umwandlung (Konversion) von einer weniger aktiven (T4) in die aktivere Form (T3) benötigt. Selen muss ebenso wie Jod in einer ausreichenden Menge mit der Nahrung zugeführt werden. Erwachsene sollten täglich 60 bis 70 Mikrogramm Selen aufnehmen. Der Selen-Spiegel kann im Blut bestimmt werden (Referenzbereich Erwachsene 50 – 120 µg/l Plasma/Serum). Besteht kein nachweisbarer Mangel, bringt eine zusätzliche Selen-Supplementation durch Nahrungsergänzungsmittel bei Schilddrüsenerkrankungen wie z. B. bei der Hashimoto-Thyreoiditis keinen nachweisbaren klinischen Nutzen.
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