Startseite Wissenswertes Behandlung Radiojodtherapie
Die Radiojodtherapie ist eine nuklearmedizinische Methode zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen.
Bei der Radiojodtherapie wird eine winzige Menge von radioaktivem Jod in Form einer Tablettenkapsel oral verabreicht. Welche Strahlendosis zur Therapie erforderlich ist, richtet sich nach der zu behandelnden Erkrankung. Das radioaktive Jod findet seinen Weg quasi „automatisch“, denn es wird im Körper nur von den Schilddrüsenzellen aufgenommen, die Schilddrüsenhormone produzieren.
Bei richtiger Dosierung der Radioaktivität bleiben die gesunden Zellen mehr oder weniger unbehelligt zurück. In den Schilddrüsenzellen angekommen, gibt das radioaktive Jod Beta-Strahlen ab. Diese bewirken in den Schilddrüsenzellen Schäden, die zum programmierten Zelltod führen. Dadurch kann Schilddrüsengewebe zerstört und dieser Effekt auch zur Behandlung verschiedener Erkrankungen eingesetzt werden.
Besonders reizvoll ist diese Therapie zur gezielten Ausschaltung von überaktivem Schilddrüsengewebe (z. B. autonome Adenome, Morbus Basedow). Durch die Zerstörung der Schilddrüsenzellen kommt es auch gleichzeitig zu einer Verkleinerung der Schilddrüse. Diese Wirkung kann etwa bei einer krankhaften Schilddrüsenvergrößerung (Struma) genutzt werden. Die Effektivität ist allerdings limitiert, da nur aktive Schilddrüsenzellen verkleinert werden. Kalte Knoten, Zysten, Vernarbungen oder Verkalkungen bilden sich mithilfe der Radiojodtherapie nicht zurück.
Radioaktives Jod kann außerdem zur Zerstörung von Schilddrüsenkrebszellen eingesetzt werden. Voraussetzung ist, dass die Krebszellen am Jodstoffwechsel teilnehmen. Das trifft in der Regel nur auf sogenannte differenzierte Karzinome zu. Diese speichern zwar weniger Jod als die normalen Schilddrüsenzellen, wurden die anderen Schilddrüsenzellen aber im Rahmen einer Tumoroperation komplett entfernt, nehmen auch Zellen von papillären und follikulären Schilddrüsenkrebsen Jod auf und können dann zerstört werden. Hierdurch sollen alle möglicherweise noch im Körper versteckten Tumorzellen vernichtet werden.
Mit Ausnahme sehr kleiner und früher Tumore ist eine zusätzliche Radiojodtherapie daher fester Bestandteil des Therapiekonzeptes nach der chirurgischen Entfernung differenzierter Schilddrüsenkrebse. Ein weiterer Behandlungsansatz kann sich bei inoperablen, jodspeichernden Metastasen ergeben.
Der gewünschte Wirkungseintritt kann mehrere Monate auf sich warten lassen. Wegen der, wenn auch geringen, Radioaktivität verbietet sich ein Einsatz der Radiojodtherapie bei Schwangeren und Kindern. Nach einer Radiojodtherapie sollte auch für mindestens sechs Monate keine Schwangerschaft eintreten.
Nach der „Strahlenschutzverordnung“ darf die Behandlung in Deutschland nur in speziell dafür eingerichteten Klinik- oder Krankenhausstationen erfolgen. Der stationäre Aufenthalt dauert in der Regel zwei bis sechs Tage. Die Patienten befinden sich in dieser Zeit in „Quarantäne“, weil sie in ihren Ausscheidungen und ihrer Atemluft noch mindestens 48 Stunden nach Einnahme der Kapsel Radioaktivität abgeben.
Welche Strahlendosis in der Schilddrüse und ihren einzelnen Arealen wirksam ist, wird regelmäßig, während des stationären Aufenthaltes gemessen. So kann – wenn nötig – das Ausmaß der Zerstörung über die verabreichte Strahlendosis variiert werden.
Die Ergebnisse und die möglichen Nebenwirkungen hängen im Wesentlichen von der zugrunde liegenden Erkrankung und der verabreichten radioaktiven Dosis ab. Günstig für die Radiojodtherapie sind im Allgemeinen Schilddrüsenüberfunktionen ohne eine wesentliche Vergrößerung der Schilddrüse. Bei größeren Strumen kann die Radiojodtherapie eine Alternative zur Operation sein, wenn ein chirurgischer Eingriff aufgrund von Vorschäden oder Begleiterkrankungen zu belastend wäre. Ob eine Radiojodtherapie oder besser eine Operation infrage kommt, ist in jedem individuellen Fall gemeinsam mit dem Patienten zu entscheiden.
Gutartige Schilddrüsenerkrankungen, die mit Radiojod behandelt werden können, sind:
Radiojodtherapie bei bösartigen Schilddrüsenerkrankungen:
Durch die Radiojodtherapie sollen eine Operation und eine Narkose vermieden werden. Eine Schädigung des Stimmbandnervs (Nervus recurrens) oder der Nebenschilddrüsen ist durch die Radiojodtherapie nicht zu befürchten. Die Strahlenexposition außerhalb der Schilddrüse ist gering. Spätfolgen wie Krebs oder Leukämie kommen nicht vor, auch eine Schwangerschaft ist sechs Monate nach Radiojodtherapie ohne Risiko möglich.
Aus Strahlenschutzgründen ist ein stationärer Aufenthalt sinnvoll und in Deutschland auch gesetzlich vorgeschrieben, dieser beträgt durchschnittlich fünf Tage (3–12 Tage). Die Radiojodtherapie wirkt im Gegensatz zur Schilddrüsenoperation nicht schlagartig, sondern es dauert etwa drei Monate, bis die Wirkung allmählich eintritt.
Die Verantwortung für die Indikationsstellung sowie die richtige Vorbereitung und Durchführung der Radiojodtherapie einschließlich der richtigen lebenslangen Nachsorge liegen beim Therapeuten, also beim behandelnden Nuklearmediziner. Zwei Wochen vor der stationären Aufnahme ist ein ambulanter Radiojodtest zur Dosisbestimmung erforderlich.
Der Patient schluckt in der Regel nur einmal eine Kapsel mit I-131. Anschließend wird die in seiner Schilddrüse befindliche Radioaktivität zweimal täglich gemessen. Hieraus errechnen sich die Schilddrüsenherddosis und das voraussichtliche Entlassungsdatum. Selten muss nach zwei bis drei Tagen eine weitere Therapiekapsel geschluckt werden, der stationäre Aufenthalt verlängert sich hierdurch nicht oder nur um ein bis zwei Tage. Der Patient merkt von der Radiojodtherapie normalerweise nichts. Selten kommt es zu einer vorübergehenden Anschwellung der Schilddrüse, die ungefährlich ist.
Während der Radiojodtherapie ist der Patient nicht bettlägerig. Er muss jedoch in den ersten 24 Stunden in seinem Krankenzimmer bleiben. Anschließend stehen ihm die Einrichtungen im Kontrollbereich der Bettenstation zur Verfügung.
Nach Erreichen eines gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwertes und einer ausreichenden Dosimetrie werden die Patienten entlassen. Sie werden dann darüber unterrichtet, ob und welche Beschränkungen aus Strahlenschutzgründen dann noch zutreffen: Zum Beispiel noch einige Tage lang Abstand halten von Kleinkindern und Schwangeren. Berufliche Einschränkungen nach Entlassung ergeben sich nur für Kindergärtnerinnen für etwa eine Woche, nicht für Lehrer/innen.
Nach einer Radiojodtherapie von Schilddrüsenerkrankungen ist, wie nach Schilddrüsenoperationen, eine lebenslange Nachsorge erforderlich. Die Nachsorgeuntersuchungen können teilweise vom Hausarzt oder vom niedergelassenen Facharzt vorgenommen werden, teilweise sollten sie bei uns erfolgen.
Eine Schilddrüsenunterfunktion, die nach der Radiojodtherapie auftreten kann, kann durch Schilddrüsenhormonsubstitution nebenwirkungsfrei ausgeglichen werden.
Jod ist ein essenzielles Spurenelement und unerlässlich für die Produktion von Schilddrüsenhormonen. Jod muss mit der Nahrung zugeführt werden und wird im Körper fast ausschließlich von der Schilddrüse aufgenommen. Diesen Effekt nutzt man bei der Radiojodtherapie, denn auch radioaktives Jod wird auf dem gleichen Weg in die Schilddrüse aufgenommen und gibt dort eine schwach radioaktive Strahlung ab. Diese führt zu Zellschädigung und in der Folge zum Untergang von jodaufnehmendem Schilddrüsengewebe. Prinzipiell günstig für die Radiojodtherapie sind daher Krankheiten, die mit einem erhöhten Jodbedarf einhergehen, also z. B. bei einer Schilddrüsenüberfunktion oder Morbus Basedow. Bei kalten Knoten, die kein Jod aufnehmen, ist diese Therapie nicht effektiv. Bei vielen Erkrankungen ist eine Radiojodtherapie eine Alternative zur OP und umgekehrt. Beide Verfahren haben jeweils grundsätzliche Vorteile und Nachteile, was mit jedem Patienten anhand seiner konkreten Befunde besprochen werden sollte.
Grundsätzlich kann man nach einer Radiojodtherapie normal schwanger werden und auch gesunde Kinder bekommen. Die bei einer Radiojodtherapie verabreichte Radioaktivität kann allerdings schädigende Effekte auf die Eierstöcke oder Hoden haben, sodass nach einer Radiojodtherapie in Abhängigkeit von der verabreichten Strahlendosis sicherheitshalber in der Regel eine Verhütung von 6 bis 12 Monaten empfohlen wird. Bei sehr hohen radioaktiven Dosen, z. B. bei der mehrfachen Behandlungen fortgeschrittener jodsensibler Schilddrüsenkrebse, ist vor Therapiebeginn auch eine Eizellen- oder Spermakonservierung möglich. Das im Einzelfall sinnvollste Konzept und die Dauer der Verhütung sollte immer konkret mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden.
Wenn man keine Schilddrüse hat – sei es nun angeboren, bei einer OP komplett entfernt, durch eine Radiojodtherapie ausgeschaltet oder durch eine Erkrankung (z. B. Hashimoto) zerstört -, muss man lebenslang künstliches oder biologisches Schilddrüsenhormon in Tabletten- oder Tropfenform zu sich nehmen. In den allermeisten Fällen reicht die Einnahme einer Tablette am Tag aus. Die optimale Einstellung ist meist relativ unproblematisch und manchmal etwas komplizierter. Bei guter und stabiler Einstellung sind bei vielen Patienten routinemäßige Kontrollen der Schilddrüsenwerte im Blut in etwa jährlichen Abständen ausreichend. Abgesehen von der Tabletteneinnahme und den gelegentlichen Blutkontrollen kann man bei guter medikamentöser Einstellung auch ohne Schilddrüse ein ganz normales Leben führen, gesunde Kinder bekommen und sehr alt werden.
Mit Hilfe der Arzt- und Kliniksuche finden Sie Ihren Facharzt.